Am Samstagmorgen freute sich der 1. Vorsitzende der DGHT Arbeitsgemeinschaft Krokodile, Alexander MEURER, die einmal mehr von weit
angereisten Teilnehmer im Artenschutzzentrum des
Münchener Tierparks Hellabrunn
zu einem ganz besonderen Event willkommen zu heißen : der Jubiläumstagung
zum 20 jährigen Bestehen der Vereinigung.
Nach der herzlichen Begrüßung durch den Zoodirektor, Herrn Rasem BABAN, wies Alexander MEURER auf die erhebliche Bedeutung der
EXOPET-Studie
für uns als praktizierende Krokodilhalter hin.
Diese aktuelle Situationsanalyse über die Haltung exotischer Tiere und Wildtiere in Privathand, gefördert durch das Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), soll Krtikern, Befürwortern und
interessierten Kreisen in Politik und Gesellschaft ein realistisches Bild vermitteln.
Daher sind alle Reptilienhalter in ihrem ureigensten Interesse aufgerufen, sich an der (anonymen)
Online-Fragebogen-Aktion
zu beteiligen, um zur Erarbeitung zeitgemäßer Erkenntnisse über den Status Quo beizutragen.
Es folgte ein Sachstandsbericht zum Antrag auf Streichung der kleinwüchsigen Krokodilarten Paleosuchus, Osteolaemus und Alligator
sinensis von der Liste der gefährlichen Tiere in Hessen, deren nichtgewerbsmäßige Haltung in § 43 a des Hessischen Gesetzes
über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) verboten ist.
Das formlose Schreiben war auf der Jahrestagung 2015 von den Anwesenden formuliert und der hessischen Landestierschutzbeauftragten, Frau Dr. MARTIN,
durch Alexander MEURER zugestellt worden.
Nach Ablehnung dieses Antrags wird jetzt die Klärung der Definition "Tier, einer wildlebenden Art" juristisch geprüft.
Markus JÄGER und Matthias FRANK vom
Aquarien- und Terrarienverein Scalare Fulda
bericheten über ihre gelungene Nachzucht von Kuba-Krokodilen (Crocodylus rhombifer) im vergangenen Jahr.
Die vier reinerbigen Jungtiere dieser in der Natur hochbedrohten Art erfreuen sich bester Gesundheit.
Vier befruchtete Eier
Vier reinerbige Kuba-Krokodile (Crocodylus rhombifer)
Die anfangs noch schwachen Schlüpflinge wurden zunächst in Plasikdosen im Brutschrank belassen, bis sich ihre Bäuche geschlossen hatten.
Gefüttert wurde jeden 2. Tag u.a. mit Mäusen und Heuschrecken unter Zugabe von Korvimin ZVT + Reptile und Calcium.
Die Jungtiere haben mittlerweile eine Länge von ca. 65 cm erreicht.
Auch 2016 konnte wieder eine Eiablage des Fuldaer Rhombifer-Pärchens verzeichnet werden.
Die Elterntiere
Zwei von 16 Eiern waren unbefruchtet, die restlichen 14 werden bei unterschiedlichen Temperaturen inkubiert.
Als Brutsubstrat erwies sich Sphagum (Torfmoos) als zu feucht, während sich Perlite (mineralische Schüttung) und Vermiculite bewährt haben.
Die folgenden beiden Vorträge hatten den richtigen Einsatz von künstlichen UV-Lichtquellen in der Terraristik zum Gegenstand.
Zunächst ging Sarina WUNDERLICH
(
www.licht-im-terrarium.de
)
auf die physikalischen Grundlagen der UV-Strahlung, deren physiologische Bedeutung und dem daraus resultierenden jeweiligen Bedarf ein, stellte den UV-Index als
Meßgröße vor, betrachtete verschiedene künstliche UV-Quellen im Vergleich und gab schließlich praktische Empfehlungen für deren
Einsatz in der Terrarienhaltung.
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Über diese thematischen Schwerpunkte hinaus verglich Andreas KRB
(
www.reptilesexpert.com
)
detailiert die verschiedenen künstlichen Leuchtmitteltechno-
logien und lieferte Entscheidungskriterien für die Auswahl der geeigneten UVB-Quelle.
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Als Nächstes zeigte Fabian SCHMIDT, basierend auf seinem Vortrag im Rahmen der
Jahrestagung 2013 in Leipzig
, den Beitrag zoologischer Gärten zur Erhaltungszucht am Fallbeispiel des Stumpfkrokodils (Osteolaemus) auf und umriß den aktuellen
Stand des Zuchtbuchs.
Desweiteren berichtete er von der Haltung dieser Krokodilart im Zoo Leipzig, wo bei einer reinerbigen Nachzucht von Vertretern aus dem Ogooué-Becken die
Jungen bei den Elterntieren belassen wurden.
Die Jungtiere waren an Land geschlüpft und wurden von der Mutter einzeln zum Wasser transportiert.
Anschließend trug sie den Nisthügel vollständig ab und öffnete alle dort noch vorhandenen Eier vorsichtig mit dem Maul, um die Schlüpflinge
zu befreien.
Das Männchen verhielt sich während der gesamten Aktion vollkommen passiv.
Die Jungen wurden zunächst mit Grillen gefüttert, dann mit Heuschrecken und Fischen.
Sie blieben aber weiterhin als Gruppe in der Obhut der Eltern und wurden von ihnen umsorgt.
Die Elterntiere verhielten sich dem Pflegepersonal gegenüber nicht aggressiv, waren aber vorsichtiger und weniger entspannt.
Die Verluste unter den Jungtieren sind gegenüber einer separaten Aufzucht zwar höher, aber den Besuchern wird eine deutlich bessere Präsentation der
Tiere geboten, deren Lebensqualität erheblich gesteigert ist.
Abschließend wies Fabian SCHMIDT darauf hin, dass derzeit Bestrebungen bestehen, reinerbige Stumpfkrokodile in ihren ursprünglichen Verbreitungsgebieten
in Afrika wieder anzusiedeln.
Vorbereitend für diese Rückführung wird die Bereitschaft der Empfängerländer ebenso geprüft wie der künftige Lebensraum und die
klimatischen Verhältnisse.
Bei der nachfolgenden Diskussion über die Beteiligung an der vom Bundesamt für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) angefragten Einschätztung
der Dringlichkeit einer
Überarbeitung der Mindestanforderungen zur Haltung bestimmter Tierarten wurde auf die unter maßgeblicher Beteiligung der AG Krokodile erstellten und
zahlreichen Behörden vorliegenden
Mindestanforderungen an die artgerechte Haltung von Krokodilen
hingewiesen.
Generell sollte man bei der Festlegung von Haltungsrichtlinien Tiere nicht ausschliesslich über Flächen und Kubikmeter definieren.
Eine Anlage ist immer nur so gut wie ihre Ausstattung.
Der Samstag endete mit einer Führung durch den Tierpark.
Norbert SCHACHER, Mitarbeiter des Zoos und Organisator der Tagung, ließ keinen unserer Besichtigungswünsche offen und wußte viele interessante
Details aus der Praxis der artgerechten Tierhaltung zu berichten.
An Krokodilen waren zwei Osteolaemus tetraspis (Stumpfkrokodile) in einer ansprechend eingerichteten Biotop-Anlage zu sehen.
Osteolaemus tetraspis
Das Gehege der Riesenschildkröten durfte sogar betreten werden, um die in keinster Weise scheuen Tiere aus nächster Nähe betrachten zu können.
Seychellen-Riesenschildkröten
Der Sonntagmorgen startete mit der Zusammenstellung der Bilder für den Jubiläumskalender, der anläßlich des zwanzigjährigen Bestehens
der AG Krokodile herausgebracht werden soll.
Die anwesenden Tagungsteilnehmer wählten durch Abstimmung aus einer umfangreichen Sammlung von Vorlagen die schönsten Exemplare aus.
Dr. Norbert FRITSCH, der Direktor des
Zoos Neunkirchen
,
ging in seinen Ausführungen zunächst auf den europäischen Zooverband EAZA (European Association of Zoos and Aquaria)
ein, zu dessen Hauptaktivitäten u.a. Europäische Erhaltungszuchtprogramme (EEP) gehören.
Diese zooübergreifenden Projekte dienen zur Erhaltung vom Aussterben bedrohter Tierarten durch gezielte und koordinierte Zucht.
In diesem Rahmen führt Dr. FRITSCH das EEP-Zuchtbuch für China-Alligatoren (Alligator sinensis).
Der Neunkircher Zoo beabsichtigt, diese Krokodilart in naher Zukunft zu pflegen.
Eine neue, möglichst natürlich gestaltete Anlage mit Außenbereich und kühlen Gewächshäusern zur Überwinterung befindet sich
in Planung.
Dr. FRITSCH hatte in diesem Zusammenhang großes Interesse an direktem Kontakt und Erfahrungsaustausch mit Sinensis-Privathaltern bekundet.
Alexander MEURER stellte ein neu gestaltetes Übersichtsplakat der rezenten Krokodilarten vor.
Nach positiver Resonanz seitens der Anwesenden wird es in Druck gegeben und in laminierter Form zum Kauf angeboten.
Ein Teil des Erlöses kommt Krokodilschutzprojekten zugute.
Es folgte der Bericht von Bernhard SCHILL über die Haltung von Brillenkaimen (Caiman crocodilus).
Zur Eingewöhnung der beiden Jungtiere (DNZ 2012) diente zunächst ein kleines Gehege in einem ruhigen Kellerraum.
Es schloss sich die Unterbringung in einem größeren Aufzuchtbecken an, das in das Wohnzimmer integriert war.
Aktuell befinden sich die inzwischen 110 cm langen Tiere bis auf weiteres in einer L-förmigen Anlage, die wie die vorausgegangenen Behälter
über einen beheizten Wasser- und Luftraum, Landfläche, Filtereinrichtung und künstliche Lichtquellen verfügt.
Weitere Themen waren neben der technischen Ausstattung der Terrarienanlagen die Ernährung der heranwachsenden Tiere und die Erfahrungen bei deren
Haltung.
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Anschließend schilderte Hilmar HUFER sein inzwischen bewährtes Verfahren zur Überwinterung seiner beiden China-Alligatoren, das er seit
vier Jahren erfolgreich praktiziert.
Dazu werden die Tiere für ca. 4 Monate einzeln in ehemaligen Unterbettkommoden untergebracht und im kühlen Keller deponiert - natürlich unter
regelmäßer Kontrolle.
Die Behälter sind teilweise mit einer dicken Filtermatte ausgestattet, so daß ein trockener Bereich und ein Wasserteil zur Verfügung
stehen, und mit einem Deckel verschlossen.
Gegen Ende der Ruheperiode werden die noch verschlossen Boxen einige Tage bei Raumtemperatur gelagert, bevor die Tiere wieder in die Terrarien kommen.
Nach dem offiziellen Ende der Tagung bestand dann noch die Gelegenheit, an geführten Exkursionen im
Schildkrötenrefugium Chelonia
oder alternativ in den Räumlichkeiten des
Münchner Tierheims
in der Riemer Straße teilzunehmen, wo z.Z. Papuawarane, Netzpythons, diverse Giftschlangen und Krustenechsen untergebracht sind.
Gemeinsamer Treffpunkt war danach die
Reptilienauffangstation München e.V.
,
wo ihr Leiter, Dr. Markus BAUR, die einzelnen Bereiche zeigte und von der täglichen Arbeit berichtete.
Einmal mehr wurde hier deutlich, mit welchen Hindernissen die Betreiber dieser Einrichtungen zu kämpfen haben, und der Enthusiasmus, mit dem sie
ungeliebten und oft zu Unrecht verkannten Tieren eine Existenzmöglichkeit schaffen.
Wir danken dem Tierpark Hellabrunn und der Reptilienauffangstation München e.V. für die herzliche Gastfreundschaft und besonders Norbert SCHACHER für die hervorragende Organisation und Koordination der Tagung, den Referenten für ihre interessanten Beiträge und allen Tagungsteilnehmern, die ausnahmlos zum guten Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.
Gruppenfoto mit den Tagungsteilnehmern