Pünktlich um 10:00 Uhr wurde die diesjährige Tagung der DGHT Arbeitsgemeinschaft Krokodile in der Zooschule des
Zoologisch-Botanischen Gartens Wilhelma
in Stutttgart vom 1. Vorsitzenden, Alexander MEURER, eröffnet.
Direktor und Gastgeber Dr. Thomas KÖLPIN begrüßte die teils von weither angereisten Tagungsteilnehmer herzlich
und gab einige Hintergrundinformationen über die renomierte zoologisch-botanischen Einrichtung.
Nach organisatorischen Hinweisen zum Tagungsablauf startete Alexander MEURER das Programm des ersten Veranstaltungstages mit
einem kurzen Abriß der beiden "Stuttgarter Gespräche", die auf Einladung der DGHT hin unlängst in den Räumlichkeiten
der Wilhelma stattgefunden hatten.
Vertreter mehrerer deutscher Tierhalterverbände fanden sich hier zusammen, um gemeinsame Tätigkeitsfelder und
Kooperationsmöglichkeiten festzulegen.
Ziel dieses Gedankenaustausches, der auch in Zukunft regelmäßig stattfinden soll, ist es, Qualitätsstandards in der
privaten Exotenhaltung sowie Leitbilder einer wissensbasierten, qualifizierten privaten und öffentlichen Tierhaltung zu erarbeiten.
Die Ergebnisse und ihren Stellenwert für den nationalen Tier- und den internationalen Artenschutz gilt es dann, der Öffentlichkeit
und den politischen Entscheidungsträgern zu vermitteln.
Alexander MEURER referierte dann über seine Teilnahme im vergangenen Oktober am
" 1. European Croc Networking Meeting " ,
das von Mitgliedern der IUCN-SSC Crocodile Specialist Group (CSG) in Europa organisiert und in dem von Shaun FOGGETT betriebenen
privaten Krokodilzoo
Crocodiles of the world
im britischen Oxfordshire abgehalten wurde.
Herr FOGGETT ist zuvor selbst jahrelang Privathalter von Krokodilen gewesen, bevor er sein Hobby und seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat.
Die etwa 50 Teilnehmer waren durchweg beeindruckt, was er in und mit dem Zoo in nur wenigen Jahren geleistete hat.
Dieser Erfahrungsaustausch soll künftig regelmäßig stattfinden - vom 06. bis zum 08.10. 2017 im dänischen
Krokodillezoo
und 2018 vom 05.10. bis zum 07.10. im
Zoo La Planète des Crocodiles
in Civaux, Frankreich.
In Folgebeitrag ging Alexander MEURER zunächst kurz auf seine Teilnahme am
Weltkongress für Hepetologie
in Hangzhou, China, im August 2016 ein.
Im Anschluss daran hatte er dort Tierbestände von Alligator sinensis in Gefangenschaft und Wildnis aufgesucht.
Dabei stand natürlich der
Zoo Shanghai
auf dem Programm, in dem die China-Alligatoren nach Geschlechtern getrennt in einer Gewächshausanlage untergebracht sind.
Während das einzige männliche Exemplar separiert ist, werden acht Weibchen zusammen gehalten, die allerdings auffallend viele
Bissspuren aufweisen.
Weiter führte ihn der Weg zu einigen der 12 Farmen des Landes, in denen die Alligatoren versorgt und nachgezüchtet werden.
Auf der Dajiang Alligator Farm in Wuhu sind die kleineren Tiere in Betonbecken, bestehend aus Land- und Wasserteil, untergebracht, wobei Sonnensegel
die Liegeflächen zum Schutz vor der Mittagshitze beschatten.
Die Wasserbecken sind teilweise mit einem Teppich von Schwimmblattpflanzen bedeckt, zum einen, um den Tieren Deckung zu geben, und zum
anderen zur biologischen Wasserklärung.
Unter Umständen kann dadurch auch die den China-Alligatoren zueigene Aggressivität untereinander eingedämmt werden.
Die größeren Tiere befinden sich in natürlich gestalteten Becken und kommen im Herbst in geschützte, boxenartige
Gehege mit Fliesenauskleidung.
Ausgewählte Tiere werden nach vorbereitender Umgewöhnung an den selbständigen Futtererwerb durch Jagen in künstlich
angelegte Gewässer ausgewildert.
Die dort anzutreffenden Nisthügel bestehen ausschließlich aus Bambushalmen als Nistmaterial.
Das ARCCAR ( Anhui Research Centre of Chinese Alligator Reproduction ) ist die größte und älteste Farm, die
als einziger Betrieb nach CITES-Standard geführt wird.
China-Alligatoren genießen mittlerweile ebenso wie die Panda-Bären den höchsten nationalen Schutzstatus.
Vor dem Hintergrund der immer weiter schwindenden Lebensräume ist der Action-Plan für Alligator sinensis aber nicht
ausreichend, um den IUCN-Status 'endangered' aufzuheben.
Hier erging nochmals der dringende Appell an alle Halter von China-Alligatoren in der AG Krokodile, ihre Tiere in unser Zuchtbuch
eintragen zu lassen ( Bestandsmeldungen bitte unter :
Alligator-sinensis@mail.de
) .
Momentan ist die Anzahl der gelisteten Tiere, überwiegend Weibchen, zu gering, um eine genetische Vielfalt für die Zucht zu
gewährleisten.
Die Schilderung Alexander MEURERS über Bau und Betrieb seiner Anlage zur Haltung von China-Alligatoren schloß sich an.
Sie ist in einem freistehenden Wintergarten mit Südausrichtung untergebracht, der gegen eine eigens dafür errichtete
Stützwand gebaut wurde.
In der gegossenen Bodenplatte dient eine Vertiefung zur Aufnahme des Wasserbeckens, das mit 2-Komponenten-Dichtschlämme sowie 3
Schichten flüssiger Teichfolie und darin eingearbeitetem Vlies ausgekleidet ist.
Der Landteil besteht aus Siebdruckplatten, die sich allerdings als feuchtigkeitsanfällig erwiesen haben.
Die Gesamtfläche des Wintergartens ( 3 x 7 m ) besteht etwa zur Hälfte aus Tierbereich, durch eine halbhohe Scheibe vom
übrigen Raum abgetrennt.
Eine Freilandanlage mit GFK-Becken befindet sich in Planung.
In der anschließenden Zooführung durch den Wilhelma-Mitarbeiter Markus BRAUN lag der Schwerpunkt auf Wunsch der Teilnehmer auf den
Bereichen hinter den Kulissen der Ausstellung.
Anschaulich und praxisnah thematisiert wurden neben technischen Aspekten die sichere Unterbringung von Gefahrtieren sowie Quarantäne-
und Aufzuchteinrichtungen.
In einer Großanlage waren ursprünglich vier australische Leistenkrokodile ( Crocodylus porosus ) untergebracht.
Zwei wurden im Rahmen eines Zuchtprogrammes an andere zoologische Einrichtungen abgegeben.
Von den beiden restlichen Tieren verendete eines tragischerweise leider an einem Fremdkörper, den vermutlich Besucher trotz deutlicher
Verbotsschilder ins Becken geworfen hatten, so dass momentan nur noch ein weibliches Albino-Krokodil übriggeblieben ist.
Die Zoo-Mitarbeiterin Heidi SCHNEIDER rundete die interessante Exkursion mit der Vorführung des Amazonas-Hauses ab, einer beeindruckend
gestalteten Großanlage für Fische, Schildköten und Breitschnauzkaimane.
Wie bei allen bisherigen Jahrestagungen der AG Krokodile gab es ein weiteres Mal für uns wertvolle Insider-Tips von erfahrenen Berufstierpfegern.
Breitschnauzkaiman ( Caiman latirostis )
Pascal ZIEGLER, der 2. Vorsitzende unserer Arbeitsgemeinschaft, lieferte nach einer kurzen Mittagspause einen umfassenden Überblick über die
verschiedenen Methoden der Filtertechnik, die für den Einsatz in Wasserbecken von Krokodilanlagen geeignet sind.
Zweckmäßigerweise erfolgt die Reinigung zunächst mechanisch, danach ggf. chemisch und abschließend biologisch.
An technischen Varianten wurden Oberflächenabsauger ( Skimmer ), Überlaufrinnen mit Schwallwasserbehälter, Bodenabsaugung und hydraulische
Druckfiltersysteme vorgestellt.
Die genaue Darstellung der einzelnen Methoden steht
als
.pdf-Datei
zu Verfügung.
Es folgte ein Beitrag von Alexander MEURER zur Inkubation von Krokodileiern, angelehnt an einen Vortrag von Charlie MANOLIS über das Brutverhalten von
Crocodylus porosus.
Entscheidend für den Bruterfolg sind neben dem Zustand des Nestes das vorsichtige Einsammeln der Eier, deren sachgerechter Transport und die
Inkubationsbedingungen.
Nachdem man die Temperatur im Nest an mehreren Stellen gemessen hat, sollte man die Eier an der Oberseite markieren, vorsichtig einsammeln und der Markierung
entsprechend ohne Veränderung der Lage transportieren.
Sie sind 8 - 16 Tage besonders empfindlich.
Temperaturen über 34 °C sind zu vermeiden, da sonst Deformation und Absterben der Embryonen droht.
Die Eier dürfen aber nach dem Einsammeln mit 24 - 34 °C warmen Wasser abgewaschen werden.
Die Luftfeuchtigkeit während der Inkubation sollte im Bereich größer oder gleich 99 % liegen, wobei zu feuchte Lagerung zum Anschwellen der
Eier führen kann, was aber reversibel ist.
Der Gasaustausch über die Eierschale ist sicherzustellen, da der Sauerstoffbedarf im Zuge der Inkubation steigt.
Nicht befruchtete Eier lassen sich über eine Durchleuchtung ( Candeling ) ermitteln : bei ihnen ist die subembryonale Flüssigkeit nicht sichtbar.
Bruttemperaturen um 32 °C bieten die höchste Überlebens-Chance.
Das Geschlecht wird im ersten Drittel der Inkubationszeit festgelegt.
Niedrigere Temperaturen führen zu weiblichen Tieren, mittlere zu männlichen und höhere zu beiden Geschlechtern.
Männchen wachsen dabei schneller als Weibchen.
Nach ca. 65 Tagen ist bei befruchteten Eiern die Keimscheibe außen auf der Schale als geschlossenes Band sichtbar.
Erich HAUSAMMANN, Reptilien- und Gifttierspezialist der Kantonspolizei Zürich, Sachkundelehrer und Präsident der
DGHT-Stadtgruppe Winterthur / CH
,
berichtete anschließend eindrucksvoll von Einsätzen im Tier- und Umweltschutz im Rahmen seiner Polizeiarbeit.
Seit 32 Jahren Reptilien-begeistert, betreibt er eine artgerechte, aufwendig abgesicherte und verantwortungsvolle private Tierhaltung, die er mit umfangreichem
Bildmaterial dem interessierten Publikum anschaulich darstellte.
Tobias MACHTS und Antonia BEUTTNER von der DGHT Stadtgruppe Stuttgart rundeten mit ihrem Dia-Vortrag "Faszination Afrika" den ersten Veranstaltungstag ab.
Sie schilderten ihre herpetologischen Eindrücke, die sie auf einer gemeinsamen Südafrika-Rundreise gewinnen konnten.
DGHT Stadtgruppe Stuttgart und Tagungsgäste der AG Krokodile
Am Sonntag, 25.06.2017, wurde die Tagung in kleiner Runde im
Staatlichen Museum für Naturkunde, Schloss Rosenstein
fortgesetzt, wo uns Gastgeber und Kurator für Herpetologie, Dr. Alexander KUPFER, herzlich willkommen hieß.
Es wurde im Rahmen eines Workshops damit begonnen, die Mindestanforderungen an die artgerechte Haltung von Krokodilen in privaten Terrarien und zoologischen Einrichtungen
aus dem Jahre 2009 vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse und Haltererfahrungen zu besprechen und zu aktualisieren.
Ziel ist die Veröffentlichung eines Kommentares zu o.g. Publikation.
Diskussionsschwerpunkte waren neben der Sicherstellung von Qualifikation und Sachkunde der Krokodilhalter sowie deren Überprüfung auch praktische Hinweise zu
Gehegeaufbau und rämlicher Strukturierung.
Abschließend erhielten die Teilnehmer noch eine persönliche und sehr informative Führung von Dr. Alexander KUPFER durch die Ausstellung des Museums.
Unser Dank richtet sich an Dr. Thomas KÖLPIN und an Dr. Alexander KUPFER als Gastgeber, unser Mitglied Harald FUCHS für das hervorragende On-Site Catering, das freundliche und stets hilfsbereite Personal der Wilhelma und des Naturkundemuseums, wie natürlich unsere Referenten, sowie alle weiteren Personen, die zum Gelingen der Tagung beigetragen haben.
Die nächste Jahrestagung der AG Krokodile wird am 16. und 17. Juni 2018 im Zoo Frankfurt a.M. stattfinden.